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Haderer, Georg: Ohnmachtsspiele

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Georg Haderer Ohnmachtsspiele [5]


Inhalt:

Nebel, Kälte, Innenpolitik als ob Major Schäfer nicht schon genug mit seinen Depressionen und Angstzuständen zu kämpfen hätte, treten ihm auch noch der Wiener November und ein reformwütiger Innenminister in die Rippen. Wie soll Schäfer unter diesen Bedingungen arbeiten, zumal in der Gerichtsmedizin neben zwei ertrunkenen Frauen auch noch die mumifizierte Leiche eines Drogensüchtigen liegt. Unfall, Unfall, Überdosis, so soll es in den Ermittlungsakten stehen, wenn es nach dem Polizeipräsidenten geht, nur keine überflüssigen Ermittlungen. (Pressetext)

Kurzkritik:

Ein intelligenter und literarischer Kriminalroman, der mittendrin leider ins Leere läuft. Erst am Schluss findet Haderer dann wieder in die spannende Spur zurück und lässt den Major seine Fälle lösen.

Besprechung:

Intelligent, nicht ganz ausgefeilt

„Was für ein intelligenter, ausgefeilter und literarischer Kriminalroman!“, wollte ich schreiben, während ich Haderers „Ohnmachtsspiele“ las. Ein nicht bloß depressiver, sondern tatsächlich an Depressionen leidender Polizeimajor hat es mit drei Verbrechen auf einmal zu tun und kommt zum Schluss, es mit einem Serientäter zu tun zu haben.

Natürlich glaubt ihm niemand, natürlich behindern die Vorgesetzten seine Arbeit. Das kennt man aus vielen Krimis. Aber wie Haderer der tatsächlichen (und nicht der romanhaften) Polizeiarbeit Spannung abgewinnen kann, wie er zusätzlich die realen Einsparungen bei der Wiener Polizei und die österreichische Innenpolitik einbaut, ohne dass dies aufgesetzt wirken würde, ist großartig.

Ins Leere gelaufen

Die Fälle sind interessant bis eigenartig, die Figuren lebensnah, die Sprache (für einen Krimi) ein bisschen anspruchsvoll, … – „was für ein intelligenter, ausgefeilter und literarischer Kriminalroman!“, dachte ich immer noch, als ich nicht wahr haben wollte, dass mir schon ein bisschen langweilig geworden war.

Und dann dämmerte es mir: Da war schon eine Weile nichts mehr geschehen, was die Lösung der Fälle vorangetrieben oder etwas Neues über die Figuren aufgedeckt hätte, der Major hatte Verwandte besucht und eine Freundin gefunden, aber da es sich bis dahin doch um einen Krimi gehandelt hatte, war dieser allmählich ins Leere gelaufen.

In die spannende Spur zurück

Erst am Schluss fand Haderer dann wieder in die spannende Spur zurück, ließ den Major seine Fälle lösen, wenn auch anders als geplant, und wie gerne hätte ich geschrieben: „was für ein intelligenter, ausgefeilter und literarischer Kriminalroman!“, und ich verstehe nicht, warum niemand dem Autor gesagt hat, dass er über eine lange Strecke verabsäumt hat, das gewählte Genre zu bedienen.

Bleibt: ein intelligenter und literarischer Kriminalroman. Ein bisschen ausfeilen hätte man noch können.

Von Werner Schuster
Infos:

Georg Haderer, geboren 1973 in Kitzbühel/Tirol, lebt in Wien. Nach einem abgebrochenen Studium und einer vollendeten Schuhmacherlehre arbeitete er als Journalist, Barmann, Landschaftsgärtner, Skilehrer und Werbetexter. Schäfers Qualen, sein Debüt und zugleich erster Teil der Reihe rund um Polizeimajor Schäfer, erschien 2009 bei Haymon.

Interview mit Georg Haderer [6] im HVB-Anzeiger (2013).

Mehr über Georg Haderer [7] bei www.georghaderer.com.