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Siebeck/Schug/Thomas: Verlorene Zeiten?

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover


Inhalt:

„Die DDR wird kontrovers diskutiert, auch wenn sie als abgeschlossenes Kapitel deutscher Geschichte gilt. Für viele jedoch war sie gelebte Realität und ist damit Bestandteil ihrer Biografe. In diesem Band erzählen Menschen aus der ehemaligen DDR: Wie war das Leben dort? Was motivierte sie, sich für oder gegen diese Diktatur zu engagieren oder sich zu arrangieren? Wie wurde der Zusammenbruch der DDR erlebt? Und wie beurteilen sie Leben und Handeln im Rückblick?“ (Pressetext)

Kurzkritik:

Ich kannte die DDR ja nur vom Hörensagen, aus TV und Zeitungen (und aus Büchern, natürlich) und ich nehme an, dass dies nicht die einzige Publikation ist, die sich mit dem Alltag in jenem sozialistischen Staat beschäftigt. Aber ich glaube, man muss keine andere lesen, um sich vorstellen zu können, wie es sich lebte von 1949 bis 1990 im „anderen Deutschland“.

Besprechung:

So war es in der DDR

Ich kannte die DDR ja nur vom Hörensagen, aus TV und Zeitungen (und aus Büchern, natürlich) und ich nehme an, dass dies nicht die einzige Publikation ist, die sich mit dem Alltag in jenem sozialistischen Staat beschäftigt. Aber ich glaube, man muss keine andere lesen, um sich vorstellen zu können, wie es sich lebte von 1949 bis 1990 im „anderen Deutschland“.

Wir lernen 18 Menschen in ebenso vielen Interviews kennen und in ergänzend viel sagenden Porträtfotos von Monique Ulrich. Die Interviews wurden mittels eines relativ standardisierten Fragenkatalogs geführt; „relativ“ schreibe ich deshalb, weil die Fragenden nicht stur nach Schema F vorgegangen sind, sondern auf die Befindlichkeit der Befragten und auf die Gesprächssituation eingegangen sind.

Miterlebt, hineingeboren

„Zu Wort kommen nicht nur bekannte Persönlichkeiten wie André Herzberg (Sänger der DDR-Kultband ,Pankow‘), der Politiker Hans Modrow, der Teologe und Oppositionelle Hans Misselwitz, oder der Schriftsteller Klaus Kordon, sondern auch ein Bergsteiger, eine Kulturbundsekretärin oder eine Altenpfegerin.“ (Pressetext)

Die Wiedergabe der Gespräche ist nach dem Geburtsdatum der Interviewten gereiht, sodass hintergründig auch die Veränderungen des Staates mitschwingen – und welchen Unterschied es machte, ob man die Gründung der DDR miterlebt oder in sie hineingeboren worden ist.

Die ganze Bandbreite

Wenn ich mich recht erinnere, war in der DDR zu leben nur für eine/n oder zwei tatsächlich eine „verlorene Zeit“. Für ungefähr ebenso wenige stellte sich diese Frage gar nicht {weil sie entweder doch eher hinter dem System standen (zumindest in den Anfängen des Staates) oder es zumindest theoretisch befürworteten}. Der Rest deckt die ganze restliche Bandbreite ab, hat sich also mehr oder weniger arrangiert, will seine/ihre Vergangenheit jedoch auf keinen Fall als vergeblich abtun.

Und wenn das auch vielleicht ein wenig einfältig klingt, so habe ich aus diesem Buch herausgelesen, dass sich die Menschen überall gleichen. Manche halten ihre Situation für die Beste, manche versuchen das Beste daraus zu machen, manche können nicht anders als zu opponieren.

Selbstverständlich ist mir klar, dass dies ein Buch über die DDR ist. Und ich glaube, näher kann man ihr heutzutage mit einer populärwissenschaftlichen Publikation nicht mehr kommen.

Von Werner Schuster
Infos:

Trailer auf YouTube [5]

Alexander Schug (Hg.), Jg. 1973, studierte Neuere und Neueste Geschichte in Dresden, London und Berlin, 2007 Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin, zahlreiche Publikationen zur politischen Kulturgeschichte.

Cornelia Siebeck (Hg.), geb. 1975 in München, hat in Berlin Geschichte, Publizistik und Neue Deutsche Literatur studiert. Sie forscht zu gedächtniskulturellen Themen und engagiert sich in der historisch-politischen Bildungsarbeit.

Alexander Thomas (Hg.), geb. 1977 in Frankfurt/Oder, hat in Berlin und Nottingham Geschichte und Philosophie studiert. Er lebt in Berlin und forscht zur Geschichte der Humboldt-Universität nach 1945.

Monique Ulrich (Hg.), geb. 1983 in Berlin, studiert seit 2008 in der Klasse für Fotografie Christopher Muller an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Sie lebt als freie Fotografin und Künstlerin in Berlin und Leipzig. Neben der Fotografie arbeitet sie vor allem mit den Medien Film und Rauminstallation.

Über die DDR [6] bei Wikipedia,