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See, Lisa: Töchter aus Shanghai

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Roman
Erschienen 2009 bei C. Bertelsmann,
als Taschenbuch 2011 bei Blanvalet
Aus dem Amerikanischen von Elke Link und Andrea Fischer
Originalausgabe: „Shanghai Girls“, 2009
Inhalt:

Shanghai, in den 1930er Jahren: Die Schwestern Pearl und May wachsen wohlbehütet und privilegiert in wohlhabenden Verhältnissen auf und genießen das schillernde Leben der Metropole in jenen Jahren. Obwohl sie in inniger Liebe miteinander verbunden sind, sind sie grundverschiedene Charaktere und konkurrieren auf so mancher Ebene – insbesondere um die Gunst ihres Vaters. (Pressetext)

Kurzkritik:

Eine durchwegs kitschige Geschichte situiert im Shanghai und in China City von L.A. zu Beginn des letzten Jahrhunderts, die einnimmt und eigenwillig mitreißend geschrieben ist.

Besprechung:

Ein Schicksalsschlag folgt dem anderen

Zwei Schwestern aus einer neureichen Familie in Shanghai, gewöhnt an Luxus und das Leben in Bars der wilden 1930er Jahre, erfahren einen jähen Einschnitt in ihrem Leben. Ihr Vater verspielt das gesamte Familienvermögen und verkauft um die Schulden zu tilgen, seine Töchter an einen in Los Angeles lebenden Chinesen. Von nun an folgt ein dramatisches Handlungselement dem anderen. – Eine durchwegs kitschige Geschichte situiert im Shanghai und in China City von L.A. zu Beginn des letzten Jahrhunderts, die einnimmt und eigenwillig mitreißend geschrieben ist.

Auffanglager Angel Island

Der Roman ist sehr interessant in den zeitgeschichtlichen Kontext der Invasion der Japaner in Shanghai eingebettet. Auch die skizzierte Vielfalt des gesellschaftlichen Lebens in Shanghai oder die Entstehung von China City in Los Angeles bilden den Hintergrund für die Schicksale der Schwestern Pearl und May. Die Reise in die USA, ihr monatelanger Aufenthalt im Auffanglager Angel Island, ihr Leben in ärmlichen Umständen voll körperlicher Arbeit und Ausbeutung sind durchsetzt von dramatischen Einschnitten.

Kaum verschnaufen

Der etwas hölzerne Sprachstil kann nicht mit der Schwierigkeit vom Chinesischen ins Deutsche zu übersetzen erklärt werden, da das Buch auf Englisch verfasst wurde. Dieser Stil verdichtet aber die an traditionelle chinesische Dramatikformen angelehnte Erzählstruktur: ein Schicksalsschlag folgt dem anderen, die Protagonistinnen scheinen kaum verschnaufen zu können, bevor sie die nächste Katastrophe trifft. Diese Erkenntnis erleichtert mitleidenden LeserInnen, diese harten Schläge wegzustecken. Dieser 450-seitige Schmöker ist durchaus für lange Winternächte zu empfehlen.

Von Karo Rumpfhuber
Infos:

Lisa See, geboren in Paris, aufgewachsen in Los Angeles in Chinatown, entstammt einer chinesisch-amerikanischen Familie. Sie arbeitete dreizehn Jahre lang als Journalistin. Ihr erstes Buch »On Gold Mountain« (dt. »Auf dem Goldenen Berge«, 1997) war ein internationaler Bestseller und erhielt 1995 die »Notable Book«-Auszeichnung der New York Times. Als Kuratorin betreut sie mehrere große Ausstellungen, die sich mit interkulturellen Beziehungen zwischen Amerika und China beschäftigen. Im Jahr 2001 wurde sie von der Organisation Chinesisch-Amerikanischer Frauen als »National Woman of the Year« ausgezeichnet; im Herbst 2003 erhielt sie den »Chinese American Museum´s History Makers Award«. Vor vier Jahren hat sie mit ihrem Roman »Der Seidenfächer« einen Weltbestseller geschrieben.

Über Lisa See [5] bei Wikipedia.