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Cozarinsky, Edgardo: Bambi am Broadway

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Erzählungen
Aus dem argentinischen Spanisch von Timo Berger
Hardcover: Wagenbach (Salto), 2009
(„Burundanga“, 2009)


Inhalt:

Einsichten ins Privatleben von Trickfilm Rehen und – Elefanten, Diktatorengattinnen, schwulen Taxifahrern und Papstmördern. Ein ebenso mondäner wie absurder Lesegenuss! (Pressetext)

Kurzkritik:

Dieses Büchlein strotzt nur so vor (Be-)Schreiblust und Erfindungsfreude. Endlich erfahren wir, wie Elena Ceausescu ihr Beutegut tatsächlich in Sicherheit hat bringen können. Oder welch abenteuerliche Wege das Leben eines Arztes schlagen kann, der zufällig eine besondere Droge erfindet – vom Gentleman- zum Esoterik-Gauner nämlich.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Cozarinsky sogar absichtlich schlecht und trotzdem immer noch gut schreiben kann.

Besprechung:

Kapriolen

Wenn ich auch einmal etwas unterstellen darf: Edgardo Cozarinsky geht es vor allem um das Erzählen an sich, soll heißen, selbstverständlich schreibt er über etwas – das zumeist absurd ist –, aber noch mehr reizt ihn das Wie.

Nehmen wir die Titelgeschichte „Bambi am Broadway“ her: Die handelt davon, dass Bambi und Dumbo aus den Disney-Studios geflüchtet sind und nach einigen chirurgischen Eingriffen in einer Revue auftreten. Und dann beginnt der Ich-Erzähler eine Affäre mit dem Reh, hat schließlich auch etwas mit dem Elefanten, bis wir uns in einer klassischen Krimi-Handlung wieder finden.

„Wie ich Bambi zum ersten Mal sah“

So weit, so spaßig. Lesen tut sich das so:

Nie werde ich vergessen, wie ich Bambi zum ersten Mal sah. Es war an einem erdrückenden Sommernachmittag in New York und ich, als Tourist ein blutiger Anfänger, war noch nicht in der Lage, an den öffentlichen Temperaturanzeigen den Grad Fahrenheit zu erkennen, der das Atmen in Manhattans ohnehin schon stickiger Atmosphäre unmöglich machte.

Wie Elena Ceausescu ihr Beutegut tatsächlich
in Sicherheit hat bringen können

Und dann schlägt Cozarinsky Kapriolen sprachlicher und – ich geb’s ja zu – inhaltlicher Natur. O.k., vielleicht lasse ich das mit den Unterstellungen wieder. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja! Dieses Büchlein strotzt nur so vor (Be-)Schreiblust und Erfindungsfreude. Endlich erfahren wir, wie Elena Ceausescu ihr Beutegut tatsächlich in Sicherheit hat bringen können. Oder welch abenteuerliche Wege das Leben eines Arztes schlagen kann, der zufällig eine besondere Droge erfindet – vom Gentleman- zum Esoterik-Gauner nämlich.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Cozarinsky sogar absichtlich schlecht und trotzdem immer noch gut schreiben kann (?; Anm.). In „Sottomondo Vaticano“ jedenfalls maskiert er eine Ansammlung von Fakten über mordende und hurende Päpste als Dialog, in dem zufällig auch über die Unfehlbarkeit des Papstes gesprochen wird (– welche Doktrin ja erst 1869 beschlossen worden ist). Und ich weiß mir keine Unterstellung, warum dieses plumpe Unterfangen dennoch amüsant zu lesen ist.

Von Werner Schuster
Infos:

Über Edgardo Cozarinsky [5] bei Perlentaucher.