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Schütt, Hans-Dieter: Peymann von A–Z

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Biografie
Taschenbuch: Das Neue Berlin (Eulenspiegel)
Inhalt:

Keiner hat so ein Fingerspitzengefühl für Streit und Skandal. Claus Peymann rief in Stuttgart zu Spenden für eine zahnärztliche Behandlung der Stammheim-Insassin Gudrun Ensslin auf und wurde zum Filbinger-Feind Nummer eins. In Wien inszenierte er Thomas Bernhards »Heldenplatz« und brachte ein ganzes Land in Wallung. Zwei Beispiele für die Einmischungslust des unentwegt erregten Theatermenschen Peymann. Hans-Dieter Schütt hat aus Interviews, Reden, Briefen, Zwischenrufen, aus Reaktionen von Freunden und Feinden eine biografische Collage komponiert. Eine Anthologie der Augenblicke, die sich zu einem Leben formten, das sich in immerwährendem Spiel verliert und findet. (Pressetext)

Kurzkritik:

Warum, fragte mich meine Familie heute, warum hast du dir ein Buch über Claus Peymann bestellt? Nun, antwortete ich, weil Peymann aus dem verschlafenen Burgtheater eine interessante Bühne gemacht hat. Weil er für Aufregung und Skandale gesorgt hat. Weil er ein Reibebaum für Österreich war. Weil sich wahrscheinlich niemand mehr an den Namen des Intendanten davor erinnern kann. Und, fragte ich, wisst ihr, wer jetzt dort Direktor ist? – Sie wussten es nicht.

Besprechung:

Heldenplatz, revisited

Warum, fragte mich meine Familie heute, warum hast du dir ein Buch über Claus Peymann bestellt? Nun, antwortete ich, weil Peymann aus dem verschlafenen Burgtheater eine interessante Bühne gemacht hat. Weil er für Aufregung und Skandale gesorgt hat. Weil er ein Reibebaum für Österreich war. Weil sich wahrscheinlich niemand mehr an den Namen des Intendanten davor erinnern kann. Und, fragte ich, wisst ihr, wer jetzt dort Direktor ist? – Sie wussten es nicht.

Und dann nahm ich mir das Buch her und war anfangs etwas skeptisch, weil ich dachte, Hans-Dieter Schütt habe alles Mögliche über und von Peymann gesammelt und in eine fragwürdige Ordnung gebracht (mit willkürlichen Zuteilungen zum Alphabet). Nun, es stimmt, dass Schütt alles Mögliche über und von Peymann gesammelt hat, und auch, dass er diese Kleinigkeiten, Anekdoten, Briefe, Collagen, Dokumente, Einwürfe, Fußnoten, etc. alphabetisch geordnet hat. Aber nicht willkürlich: Sie folgen sehr lose den Lebens- und Arbeitsstationen Peymanns – Bremen, Hamburg, Frankfurt, Berlin, Stuttgart, Bochum, Wien, Berlin.

„Staatsnotstand“

Also habe ich jetzt einige Stunden damit verbracht, mich anregend an Peymanns Wiener Zeit erinnern zu lassen: an die Polemiken der Presse gegen ihn, an seine Inszenierungen; daran, dass die alteingesessenen SchauspielerInnen nicht mit ihm arbeiten wollten; an sein Interview mit André Müller, das für so viel Aufregung gesorgt hat, weil er darin gut gelaunt gegen alles und jede/n selbst polemisiert hat; an den „Staatsnotstand“ wegen der Uraufführung des Thomas-Bernhard-Stückes „Heldenplatz“, in dem die Österreicher (auch) als Immer-noch-Nazis hingestellt werden; usw. usf.

Und so, wie „Heldenplatz“ später problemlos konsumiert werden konnte, so könnte man mit diesem Buch die unruhige Zeit mit Peymann (1986 bis 1999) in Ruhe Revue passieren lassen.

Über alles andere – also Peymann ohne Wien – berichte ich später einmal. Und will dann auch dem Wunsch des Herausgebers Schütt nachkommen und, „nicht nach Laune und Zufall hin und her blätternd, die zusammensetzende Folge“ achten. Aber „Peymann und Wien“ war für einen Wiener unwiderstehbar.

Von Werner Schuster
Infos:

Hans-Dieter Schütt, geb. 1948, studierte Theaterwissenschaften in Leipzig und lebt heute als Journalist des »Neuen Deutschland« in Berlin.

Über Claus Peymann [5] bei Wikipedia.