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Stachow, Dimitri: Der Retuscheur

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Thriller
Deutsch von Alfred Frank
Taschenbuch: Goldmann, 2008
(2004)
Inhalt:

Heinrich Müller lebt in Moskau und ist ein erfolgreicher Fotograf, doch plötzlich ereignen sich mysteriöse Dinge in seinem Leben: Alle Personen, die er aus Fotos herausretuschiert hat, kommen unter merkwürdigen Umständen ums Leben. Heinrich wird das ungute Gefühl nicht los, dass diese Todesfälle etwas mit ihm zu tun haben. Verfügt er etwa über die teuflische Gabe, Menschen aus dem Leben zu löschen, sobald er ihr Konterfei von einer Fotografie entfernt? (Pressetext)

Kurzkritik:

Weder die LeserInnen noch Ich-Erzähler Heinrich wissen, wer hier die Jäger und wer die Gejagten sind. Bis einen das Finale in einer seltenen Mischung aus Begeisterung und Ratlosigkeit zurücklässt. Da bleibt nur zu hoffen, dass “Der Retuscheur” den Krimi-Fans nicht zu Roman-artig ist. Und umgekehrt.

Besprechung:

The Hunter Gets Captured by the Game

Als Mystery-Thriller bezeichnet Goldmann dieses Buch, und das ist bis zu einem gewissen Grad richtig. Der russische Fotograf Heinrich Müller hat von seinem Vater eine Gabe geerbt: Menschen, die er aus Fotos herausretuschiert, sterben. Nun hat aber Dimitri Stachow daraus keinen gruseligen Roman gemacht, sondern eine beinahe realistische Story, mit der er wie nebenbei über die russische Vergangenheit und Gegenwart berichtet, ohne dass das Zu-Tode-Retuschieren gleich zum Sinnbild dafür wird.

Ebenfalls en passant lässt Stachow seinen Heinrich darüber nachdenken, zu was für einem Menschen man durch so eine Begabung wird. Herr über Leben und Tod – klar, allerdings erkennen das auch andere und wollen den Retuscheur für ihre Zwecke benutzen.

Wer sind die Jäger,
wer sind die Gejagten?

Hier setzt logischerweise die Thriller-Handlung ein, und mit den Marvelettes – oder mit Grace Jones: passt besser zu diesem “cool” geschriebenen Roman – könnte man dazu The Hunter Gets Captured by the Game [5] singen.

Nur dass weder die LeserInnen noch Ich-Erzähler Heinrich wissen, wer hier die Jäger und wer die Gejagten sind. Bis einen das Finale in einer seltenen Mischung aus Begeisterung und Ratlosigkeit zurücklässt. Da bleibt nur zu hoffen, dass “Der Retuscheur” den Krimi-Fans nicht zu Roman-artig ist. Und umgekehrt.

Von Werner Schuster
Infos:

Dmitri Stachow wurde 1954 in Moskau geboren und studierte Psychologie an der Moskauer Universität. Danach war er mehrere Jahre als Sanitäter und in der Psychiatrie tätig, bevor er sich ganz der journalistischen und literarischen Arbeit widmete. Heute ist Dmitri Stachow Chefredakteur einer Moskauer Wochenzeitung. Daneben schreibt er Drehbücher und Romane. Sein international gefeierter Roman „Der Retuscheur“ wurde für den russischen Booker Prize nominiert.

Über Dimitri Stachow [6] bei Randomhouse.