- Literaturmagazin Eselsohren –  - http://www.eselsohren.at -

Atwood, Margaret: Der Report der Magd

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Buchcover
Roman, SF
Deutsch von Helga Pfetsch
List, Claassen
(1985)
Inhalt:

Die provozierende Vision eines totalitären Staats, in dem Frauen keine Rechte haben: Die Dienerin Desfred besitzt etwas, was ihr alle Machthaber, Wächter und Spione nicht nehmen können, nämlich ihre Hoffnung auf ein Entkommen, auf Liebe, auf Leben … (Pressetext)

Kurzkritik:

Wie “Oryx und Crake” zeichnet sich auch dieser Roman dadurch aus, dass Margaret Atwood für eine negative Zukunftsvision die Gegenwart konsequent weitergedacht hat: In “Der Report der Magd” verbindet sie Umweltzerstörung mit Fundamentalismus.

Besprechung:

Mayday

Wie “Oryx und Crake” zeichnet sich auch dieser Roman dadurch aus, dass Margaret Atwood für eine negative Zukunftsvision die Gegenwart konsequent weitergedacht hat: In “Der Report der Magd” verbindet sie Umweltzerstörung mit Fundamentalismus.

Eine christliche Sekte hat die Führung der USA übernommen und, um die menschliche Rasse zu erhalten, eine Militärdiktatur namens “Gilead” aufgebaut, in der Frauen auf ihre Fortpflanzungsfähigkeit reduziert sind. Die wenigen Frauen, die noch fruchtbar sind, werden gezwungen – als “Mägde” – für die Ehepaare der herrschenden Schicht Kinder zu bekommen. Die übrigen Frauen verrichten niedere Hilfsdienste oder ungesunde bis tödliche Arbeiten außerhalb der geschützten und bewachten Bereiche. Die Männer werden außerdem als Wachen, Polizisten und Soldaten eingesetzt.

Bespringen lassen müssen

Desfred ist so eine Magd, sie lebt einsam im Haus eines Kommandanten, von dem sie sich an ihren fruchtbaren Tagen bespringen lassen muss, erinnert sich an frühere Zeiten, an ihren Freund und ihr Kind, über deren Verbleib sie nichts weiß, seitdem sie auf der Flucht gestellt und anschließend umerzogen worden ist. Sie traut sich mit niemandem zu sprechen, ist ständig auf der Hut, kommt auch, wenn sie für den Kommandanten einkaufen geht, immer wieder an den vom Regime Gehängten vorbei oder muss bei öffentlichen Hinrichtungen zusehen.

Mayday

Die Mächtigen genießen innerhalb dieser Diktatur gewisse Freiheiten, besitzen Dinge aus der Vergangenheit (wie etwa Zeitschriften oder “anrüchige” Kleidung), und der Kommandant nimmt Desfred in ein Geheimbordell mit. Dort trifft sie ihre Freundin Moira aus der Umerziehungsanstalt wieder, die ihr von der Widerstandsbewegung “Mayday” berichtet.

Diese Taten sind alle irgendwann einmal begangen worden

“Das Wichtigste, was man über die Gesellschaft, die in diesem Buch beschrieben wird, wissen sollte, ist, dass nichts neu ist – außer der Zeit, dem Schauplatz und ein paar Details. Die Taten sind alle irgendwann einmal begangen worden”, merkt Atwood an – und gibt in einer Art Nachwort ein wenig Hoffnung: Im Jahr 2195 tagen Historiker, die das Phänomen dieser Diktatur untersuchen. Was man gelesen hat, sind Tonbandaufzeichnungen von Desfred, welche diese auf ihrer Flucht aus dem Kommandanten-Haus aufgenommen hat. Ob diese Flucht geglückt ist, weiß man nicht. Doch zumindest “Gilead” wird irgendwann der Vergangenheit angehört haben.

Von Werner Schuster
Infos:

Über Margaret Atwood [5] bei Wikipedia.