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Strobel, Bernhard: Sackgasse

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

BuchcoverErzählungen
Droschl, 2007
Fischer TB, 2009
Inhalt:

Bernhard Strobel gibt mit diesem schmalen Erzählungsband seinen fulminanten Einstand in der Welt der Literatur. Keine Wohlfühlliteratur und kein Lifestyle, sondern ein knallharter, karger, spröder, unmodischer Realismus. Unter der Oberfläche lauert das Unausgesprochene, die Geheimnisse, Ängste und das Begehren, was die Lektüre, fast nebenbei, zu einer überaus spannenden werden lässt. (Pressetext)

Kurzkritik:

Wenn es bei Freud heißt, Probehandeln diene dazu, „den Erfolg der beabsichtigen Unternehmung zu erraten”, so erraten Strobls Protagonisten eher den Misserfolg. Und sollten sie irgendwann einmal tatsächlich etwas tun, so sind das in der Regel Gesten, die zwar unter Umständen die gesammelten Frustrationen der Personen ausdrücken sollen, dazu aber viel zu verhalten und – für andere – unverständlich sind.

Besprechung:

Geht ihr vor eure eigenen Hunde

“Geht ihr vor eure eigenen Hunde, ich gehe vor die meinen!”, denkt einer der Protagonisten dieser Erzählungen. Bernhard Strobel schreibt über Einsame, Verbitterte, nach außen hin nahezu Sprachlose, welche in einem Netz aus aufgestauter Wut und Gewohnheits-Ritualen und endlosen Selbstgespräch-Schleifen gefangen sind und gerade noch ein bisschen probehandeln.

Allerdings: Wenn es bei Freud heißt, Probehandeln diene dazu, „den Erfolg der beabsichtigen Unternehmung zu erraten”, so erraten Strobls Protagonisten eher den Misserfolg. Und sollten sie irgendwann einmal tatsächlich etwas tun, so sind das in der Regel Gesten, die zwar unter Umständen die gesammelten Frustrationen der Personen ausdrücken sollen, dazu aber viel zu verhalten und – für andere – unverständlich sind.

Auf sich selbst zurückgeworf

Unverständlich bleiben sie auch, weil Strobel die Beweggründe dieser “handelnden” Personen oft nur andeutet. Ist etwa Johannes in “Ein lautes, hölzernes Geräusch” wirklich psychisch krank? Hat Eva den Koffer in “Die endlose Brücke” tatsächlich gestohlen und was bedeutet er ihr? Oder was könnte es mit diesem ominösen Spiegel in “Spiegel und Ruine” auf sich haben?

Die solcherart auf sich selbst zurückgeworfen LeserInnen “müssen” die Erzählungen mit ihren eigenen Erfahrungen ausstatten. Denn wer kennt sie nicht, die gescheiterten Existenzen, bei denen sich Wehleidigkeit und Aggressivität abwechseln, die zum Zentrum ihres öden Universums geworden sind und oft nicht mehr den “Anstand” haben, den anderen etwas vorzumachen. Außerdem haben wir wohl alle ein bisschen etwas von diesen Erniedrigten und Beleidigten in uns. Das kann unangenehm werden.

Wer es also lieber bequem hat, sollte sich diesen Erzählungen nicht ausliefern. Alle anderen werden sich Strobels knapper, suggestiver Sprache ohnedies nur schwer entziehen können.

© Wiener Zeitung/extra (dort gekürzt)

Von Werner Schuster
Infos:

Nihilismus unter der Oberfläche [5] (Interview mit Strobel im HVB-Anzeiger; 2008)

Über Bernhard Strobel [6] bei Droschl.