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Frisch, Max: Mein Name sei Gantenbein

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Infos [3]

Cover Frisch GantenbeinRoman
Suhrkamp
(1964)
Inhalt:

Der Erzähler erfindet (“Ich stelle mir vor:”) mögliche Lebensgeschichten dreier Personen: Da ist Gantenbein, der einen Blinden spielt, um so genauer seine Umwelt beobachten zu können. Oder da ist Enderlin, der immer »ein fremder Herr« bleibt. Auch Svoboda muß die Erfahrung machen, daß Liebe und Ehe endlich sind. Übrig im Spiel der erdichteten Rollen bleibt: Gantenbein. (Pressetext)

Kurzkritik:

Max Frisch’ gern zitierter Satz “Es ist nicht Zeit für Ichgeschichten” wird – wie so oft – verkürzt wiedergegeben; “vollständig” lautet er: “Manchmal scheint mir auch, dass jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Krieges, mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos ist, müßig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, dass man es liest, unstatthaft. Es ist nicht Zeit für Ichgeschichten. Und doch vollzieht sich das menschliche Leben oder verfehlt sich am einzelnen Ich, nirgends sonst.”

Dieser Satz steht in der Mitte von “Mein Name ist Gantenbein”, einem Vexierbild von einem Roman, in welchem Frisch – wie so oft in seinem Werk – die Frage stellt, wie Gewissheit über die eigene Identität möglich wäre; anders gesagt: “Wer bin ich?”

Vorgetäuschte Blindheit

In unserem Fall wurde ein namenloser Erzähler von der von ihm geliebten Lila verlassen. “Ein Mann hat eine Erfahrung gemacht, jetzt sucht er die Geschichte seiner Erfahrung”, und zwar, indem er drei verschiedene Ichs die Beziehung mit Lila durchleben lässt. Eine zentrale Rolle nimmt dabei vorgetäuschte Blindheit ein, eine Versuchsanordnung, die dem “Blinden” die Möglichkeit gibt, andere zu beobachten, ohne dass sie es wissen.

Und erhält der Erzähler danach Gewissheit? – “Das Erwachen (als wäre alles nicht geschehen!) erweist sich als Trug: es ist immer etwas geschehen, aber anders.” – Ein Roman (und ein Autor) zum Beispiel für Menschen, die an den vielen Bescheid-Wissern zweifeln.

Infos:

Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren und starb am 4. April 1991 an den Folgen eines Krebsleidens in seiner Wohnung in Zürich. 1930 begann er sein Germanistik-Studium an der Universität Zürich, das er jedoch 1933 nach dem Tod seines Vaters (1932) aus finanziellen Gründen abbrechen musste. Er arbeitete als Korrespondent für die Neue Zürcher Zeitung.
Seine erste Buchveröffentlichung Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt erschien 1934 in der Deutschen Verlags-Anstalt Stuttgart. 1950 erscheint Das Tagebuch 1946-1949 als erstes Werk Frischs im neugegründeten Suhrkamp Verlag. Zahlreiche weitere Publikationen folgten.

Über Max Frisch [4] bei Wikipedia.