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Bukowski, Charles: Die Ochsentour

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Cover Bukowski Ochsentour
Erinnerungen
Mit Fotos von Michael Montfort
Übersetzt von Rainer Wehlen
Fischer
Inhalt:

Bukowski auf Deutschland-Tournee. Auf Einladung seiner Verleger reiste Bukowski mit seiner Freundin Linda Lee über Paris und Südfrankreich in die Bundesrepublik. Er wird in wenigen Tagen von Stadt zu Stadt gereicht, besucht sein Geburtshaus in Andernach und seinen Freund und Übersetzer Carl Weissner in Mannheim, gibt Interviews und Autogramme und steht die heute schon legendäre Lesung in der überfüllten Markthalle in Hamburg durch. Dieser Bild-Text-Band zeigt den »dirty old man« von seiner privaten Seite: den sensiblen Polterer, der von seinem beispiellosen Erfolg überrollt wurde, den Dichter mit dem Lampenfieber. Mit den ca. 60 Fotos von Michael Montfort, der die ganze Reise mitmachte, ist »Die Ochsentour« ein Muss für jeden Bukowski-Fan. (Pressetext)

Kurzkritik:

In “Shakespeare never did this” (Originaltitel) lernt man auch einen Bukowksi kennen, dessen Leben nicht nur aus Alkohol, odd jobs und Bumsen besteht. Und es ist faszinierend, dass dieser (zumindest aus seiner Sicht) auf biedere Menschen wie seinen Onkel Heinrich nicht abstoßend wirkt, sondern eher inspirierend: Die gehen dann mehr oder weniger aus sich heraus.

Besprechung:

Shakespeare never did this

Auch wer den “dirty old man” hasst, könnte dieses Buch mögen. Charles Bukowski erzählt darin wohlgelaunt darüber, wie er 1980 gemeinsam mit seiner letzten Lebensgefährtin Linda Lee Deutschland und dabei auch seine Geburtststadt Andernach besucht hat.

Dass während der Reise viel gesoffen wird, ist klar: “Im Flugzeug tranken wir die ganzen Weißweinvorräte auf, dann den ganzen Rotwein, Linda fing an zu schlafen, und ich trank noch das ganze Bier auf”. Aber in “Shakespeare never did this” (Originaltitel) lernt man auch einen Bukowksi kennen, dessen Leben nicht nur aus Alkohol, odd jobs und Bumsen besteht. Und es ist faszinierend, dass dieser (zumindest aus seiner Sicht) auf biedere Menschen wie seinen Onkel Heinrich nicht abstoßend wirkt, sondern eher inspirierend: Die gehen dann mehr oder weniger aus sich heraus.

Die legendäre Lesung in Hamburg

Das “beweisen” auch die vielen herrlichen “Ochsentour”-Fotos von Michael Montfort, der Bukowski auf der ganzen Reise begleitet hat. Natürlich auch bei der legendären Lesung in Hamburg: “Das Publikum war komisch. Wenn ich ihnen ein Gedicht zum Lachen vorlas, lachten sie, aber wenn ich ihnen ein ernstes Gedicht vortrug, gab es starken Beifall. (…) Ich hatte wirklich zum ersten Mal das Gefühl, dass die Leute meine Gedichte verstanden.“ In Amerika hatte er vorwiegend in Nachtbars gelesen, “wo ich gegen Rockbands anzutreten hatte.”

Trotzdem freut er sich, als er wieder in die USA kommt, denn “es gab überhaupt keine Verständigungsschwierigkeiten” mehr. Ob Bukowski in seinem Außerseitertum vielleicht auch ein klein wenig bürgerlich gewesen ist? Ihn hätte das wohl nicht gestört, denn in der “Ochsentour” zeigt sich, dass er privat vor allem eines war: authentisch.

Von Werner Schuster
Infos:

Charles Bukowski wurde 1920 in Andernach am Rhein als Sohn deutsch-polnischer Eltern geboren. Im Alter von zwei Jahren kam er in die USA, wuchs in den Slums ostamerikanischer Großstädte auf, war Mitglied jugendlicher Banden, saß im Gefängnis und im Irrenhaus, arbeitete u.a. als Leichenwäscher, Tankwart, Werbetexter für ein Luxusbordell, Nachtportier, Sportreporter, Hafenarbeiter, Zuhälter und Briefsortierer. Mit 35 Jahren begann er zu schreiben; zuerst Gedichte für Underground-Gazetten, später Erzählungen, für die ihn Genet, Henry Miller und Sartre als amerikanischen “poète maudit” feierten, und Romane. Bukowski starb am 9. März 1994 in Los Angeles.

Über Charles Bukowski [5] bei Wikipedia.