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Lennon, John: In His Own Write

Kurzkritik [1]Was meinen Sie? [2]Ausführliche Besprechung [3]Infos [4]

Cover Lennon In his own writeÜbersetzt von Karl Bruckmaier und Wolf Dieter Rogosky
Random House
Blumenbar, 2010
Inhalt:

John Lennon ist 24, als er sich erstmals von seiner radikal-anarchischen Seite zeigt: Zeichnungen und literarische Fundstücke aus Lennons Feder, voll wunderbarer Absurditäten, satirisch und sehr britisch. Ein überraschender und unterhaltsamer Einblick in Denken und Fühlen eines Pop-Genies. (Pressetext)

Kurzkritik:

Nicht nur, dass die dichterischen Werke von John Lennon Patina angesetzt haben, es steht auch zu bezweifeln, ob seine Gedichte und Kurzgeschichten jemals erschienen wären, wenn sie jemand anderer geschrieben hätte.

Besprechung:

wonderfoul arf

Als John Lennons „In His Own Write“ erschien, sorgten die langen Haare der Beatles noch immer für Aufregung, und es mit der Grammatik nicht so genau zu nehmen, war wohl empörend. Über dreißig Jahre später hat der Verlag Simon and Schuster dieses Buch neu herausgegeben – und nicht nur, dass die dichterischen Werke von Lennon Patina angesetzt haben, es steht auch zu bezweifeln, ob seine Gedichte und Kurzgeschichten jemals erschienen wären, wenn sie jemand anderer geschrieben hätte.

Was ist – außer ihrem Autor – das Besondere an „In His Own Write“ – und am ebenfalls auf dem Höhepunkt der Beatlemania entstanden „A Spaniard in the Works“? Auf den ersten Blick zeichnen sich die Werke vor allem durch Wort- und Sprachspiele aus („It was little Bobby‘s birthmark today“ oder „Once upon upon in a dizney far away“), was zwar ein amüsantes, auf die Dauer jedoch ein sich erschöpfendes Stilmittel ist.

Good Dog Nigel

Auch die ständigen inhaltlichen Geschmacklosigkeiten hat man nach und nach über: Der im Krieg versehrte, einarmige Bobby bekommt zum Geburtstag endlich eine Prothese geschenkt, allerdings eine für den vorhandenen Arm, worauf er sich diesen (womit eigentlich?) abhackt und weiter auf die richtige Prothese hofft. Oder: Frank, der im Affekt seine Frau umgebracht hat, möchte den Leichnam loswerden – wegen der Fliegen. Doch die Mutter nimmt ihre tote Tochter nicht – wegen der Fliegen.

Sonst gibt es harmlose Nonsens-Gedichte wie „Good Dog Nigel“ („Arf, Arf, he goes, a merry sight / Our little hairy friend / Arf, Arf, upon the lampost bright / Arfing round the bend.“) und „böse“ Lyrik, deren Respektlosigkeiten heute wohl niemanden mehr verärgern. In „Our Dad“ zum Beispiel wird der lästige, verwahrloste Vater von seinen drei Söhnen aus der Wohnung geworfen: „Spect you‘ll write a line or two? / He whined – who could resist? / We held his face beneath the light / And wrote a shopping list.“

Be Were Wolf Of Limitations

Einen anderen Ton schlägt Lennon in seinen späteren Werken an, die posthum unter dem Titel „Skywriting By Word of Mouth“ veröffentlicht wurden. Darin findet sich ein wenig Humor in der Art der amerikanischen Stand-up-commedy („Drs. and lawyers are interchangeable; they both stick you“), ansonsten wirken viele Geschichten frei assoziiert – oder wie im Drogenrausch entstanden – und sind oft unzugänglich wie die folgende Passage aus „Be Were Wolf Of Limitations“: „Words are flowing out like endless rainbows mixed grilling bacon von oil field marshall tucker band wagonner rear zone what you reap van winkle of an eyelid of grass blowers convention centre forward march hair raising the flag of truce is stranger that friction of a second helping …“

Verständlicher und natürlich auch wegen der autobiographischen Komponente interessant ist die Kurzgeschichte „Two Virgins“ über Yoko Ono und John Lennon selbst: „But they battled on against overwhelming oddities, includo some of there beast friends. Being in love they cloong even more together man – but the poisonessmonster of outrated buslodedshitrowers did stick slightly and they occasionaly hat to resort to the drycleaners.“

Chinesisch

In jenem berühmten Interview, das er 1970 dem Rolling Stone-Gründer und Herausgeber Jann S. Wenner gab, beschreibt Lennon die Entstehung dieses Prosastücks als Reaktion auf die feindselige Haltung, mit der die anderen drei Beatles seiner Liebe zu Yoko begegnet sind: „Ich weiß nicht, warum ich George nicht verprügelt habe. Das einzige, was ich tat, war die Geschichte über ,some of our beast friends‘ zu schreiben – auf meine übliche Art halt, denn ich war nie ehrlich, ich habe immer in diesem ,Chinesisch‘ schreiben müssen.“

Diese Aussage bestätigt den Eindruck, den man von Lennons schriftstellerischem Werk bekommt: Hier hat sich jemand ein bisschen abreagiert, hat nebenher und ziemlich unreflektiert Gedichte oder Kurzgeschichten hingefetzt, die man einstmals als Ausdruck einer lust- und phantasievollen Revolte gegen das Establishment angesehen hat. Heutzutage wirken sie eher substanzlos und haben wahrscheinlich nur noch als Devotionalien für eingefleischte Fans oder als Erinnerungsstücke für Love & Peace-Veteranen Bedeutung.

About the Awful

Und es kann gut sein, dass Lennon seine „Schreibe“ selbst viel weniger ernst genommen hat als seine Verehrer. Wenn auch mehrdeutig, so urteilt er in der – „About the Awful“ übertitelten – Einleitung von „In His Own Write“ doch folgendermaßen: „… as far as I‘m conceived this correction of short writty is the most wonderfoul arf I‘ve ever ready.“

Werner Schuster, © Standard, Album (2000)
Infos:

John Lennon, geboren 1940 in Liverpool, war Musiker und Mitgründer der “erfolgreichsten Pop-Band aller Zeiten” und zusammen mit Yoko Ono eine Hauptfigur der Friedensbewegung. Das Duo McCartney / Lennon gilt als einflussreichstes Songwriter-Paar des 20. Jahrhunderts. John Lennon wurde am 8. Dezember 1980 von einem Fan vor seinem Apartment in New York erschossen.

Über John Lennon [5] bei Wikipedia.